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Der Schriftzug leuchtet noch an der Fassade: „glücksgas stadion“. Dabei hat das Münchner Unternehmen bereits im Herbst 2012 erklärt, das Namensrecht zurückgeben zu wollen. Der Vertrag läuft zwar offiziell sogar noch bis 2015, aber der Vermarkter Sportfive hat mit dem Gasanbieter einen früheren Ausstieg vereinbart. Bereits für die nächste Saison fließt demnach kein Geld mehr, sodass intensiv nach einem neuen Sponsor gesucht wird.
Das bestätigen Maik Hägner und Michael Graf, die als Doppelspitze für Sportfive in Dresden verantwortlich sind. „Wir führen seit geraumer Zeit Gespräche mit interessierten Firmen“, sagt Hägner, und der 31-jährige Diplom-Sportökonom betont: „Wir suchen einen authentischen Partner, der glaubhaft vermittelt, warum er sich in der Stadt engagiert.“ Es gebe drei, vier konkrete Kandidaten sowohl aus Sachsen als auch überregional, wobei Hägner meint: „Wenn man sich das Namensrecht der Stadien in den Bundesligen anschaut, sind es meist Unternehmen aus der Stadt, mindestens aus der Region, die sich damit selbstbewusst zum Standort bekennen.“
Der Vertrag soll drei bis fünf Jahre laufen und so viel einbringen wie die Vereinbarung mit Glücksgas. Der Erdgaslieferant hat nach Informationen der SZ in der zweiten Liga pro Saison eine halbe Million Euro gezahlt, wovon ein beträchtlicher Teil an den Stadionbetreiber, den Baukonzern HBM, abzuführen ist. Dynamo erhielt zusätzlich einen sechsstelligen Betrag als Sponsoring. Hägner und Graf wollen die Zahlen nicht bestätigen, sprechen stattdessen von einem „marktgerechten Preis“.
Die Faninitiative, die Geld für den Kauf des Stadionnamens sammeln wollte, spielt in den Überlegungen keine Rolle. „Das war eine Dynamo-typische Idee, die einen gewissen Charme hat“, meint Graf. „Der Verein lebt davon, dass hier einiges anders ist.“
Sieben Millionen Euro Werbeerlöse
Die Krux sei aber der finanzielle Aufwand nicht nur für eine Saison, sondern über einen längeren Zeitraum. „Es ist relativ unrealistisch, die Mittel nachhaltig für fünf Jahre über Spenden der Anhänger aufbringen zu können.“ Außerdem, ergänzt Hägner, sei es wenig sinnvoll für Fans, eine so große Summe zu sammeln, von der durch die Stadionverträge vor allem ein niederländischer Baukonzern profitiert. „Der Stadionname ist für die Fans emotional sehr wichtig, aber für ein finanzielles Engagement gibt es sicher andere Projekte, die dem Verein mehr helfen würden.“ Die Sportfive-Manager sind optimistisch, bis zur neuen Saison einen Partner gefunden zu haben. Die Einnahmen sind jedenfalls bereits in der Prognose berücksichtigt, die der Vermarkter dem Verein für die Lizenzierung ausstellt. Dynamo rechnet für die laufende Spielzeit nach Angaben von Ex-Geschäftsführer Christian Müller mit Werbeerlösen von sieben Millionen Euro, wovon allerdings 20 Prozent als Provision an den Vermarkter gehen.
Sportfive kommentiert grundsätzlich keine Beträge. „Die Sponsoring-Einnahmen spiegeln nicht den Tabellenplatz wider“, meint Graf. 400 Verträge wurden für diese Saison geschlossen, vorige Woche mit dem Dresdner Unternehmen Eastprint ein siebenter Exklusiv-Partner gewonnen. Ein Großteil der Geldgeber unterstützt den Verein seit Jahren und unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Ein Beispiel ist der Hauptsponsor Veolia, der noch unter dem Namen Cleanaway 2004 eingestiegen ist. Zurzeit laufen die Gespräche über eine Vertragsverlängerung.
„Viele Firmen engagieren sich nicht nur aus Marketing-Gründen, sondern weil sie als Fans zu Dynamo stehen“, erläutert Graf. „Dieses breite Fundament an klein- und mittelständischen Unternehmen ist zweifellos eine Besonderheit des Standortes Dresden“, sagt der 35-jährige Diplom-Betriebswirt, der schon vor dem Einstieg von Sportfive 2009 im Marketing für Dynamo tätig war. Mehr als ein Drittel des Sponsorings kommt inzwischen durch die 18 Logen und 1.400 Plätze im Vip-Bereich des Stadions herein, von denen einer pro Saison 2.700 bis 3.500 Euro kostet. „Dynamo-Spiele sind eine Netzwerkplattform für Unternehmen. Hier treffen sich die Spitzen der Dresdner Wirtschaft“, sagt Hägner.
Randale-Image als Problem
Schwieriger sei es, überregionale Firmen zu gewinnen. Ein Problem ist das Image als Randale-Klub. „Das lässt sich nicht wegdiskutieren“, meint Graf, „aber man muss es differenziert sehen: Einerseits macht es das Thema Ausschreitungen schwieriger, andererseits steht Dresden für Begeisterung, ein ausverkauftes Stadion und einen gewissen Kultstatus. Diese Intensität, wie die Menschen hier mit dem Fußballverein leben, wird auch außerhalb positiv wahrgenommen.“
Allerdings sei für überregionale Sponsoren die Spielklasse – und damit die mediale Präsenz vor allem im Fernsehen – wichtiger als für ansässige Firmen. Im Falle des Abstiegs in die 3. Liga sehe man zwar nicht schwarz, aber Dynamo müsste dann etwa mit der Hälfte der Werbeeinnahmen auskommen – egal, welcher Schriftzug am Stadion leuchtet.